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Kreisbahnsatelliten
Aufgabe
Es soll der Projektionspunkt $P$ eines Kreisbahnsatelliten $S$ auf die sich drehende Erde bestimmt werden. Der Einfachheit halber sei die Erde als Kugel mit dem Erdradius $R_E$ aufgefasst und die Erde habe eine konstante Winkelgeschwindigkeit $\omega_{E}$.
Lösung
Abb. 1: Orbit eines Kreisbahnsatelliten
Der projizierte Punkt $P$ wird eine bestimmte Bewegung auf der Erdoberfläche ausführen, die durch den Zusammenhang zwischen der geografischen Länge $\varphi (t)$ und der geografischen Breite $\psi (t)$ angegeben werden kann. Aus dem orthogonalen sphärischen Dreieck $\bigtriangleup QTP$ kann man mit dem Erdradius $R_E$ sowie der Winkelgeschwindigkeit $\omega_{E}$ der Erde folgern:
Abb. 2: Beziehungen im Dreieck QTP
\[\begin{aligned} R_E\cdot \sin\psi &= R_E\cdot\sin \sigma\cdot \sin\alpha \\[2ex] R_E\cdot \tan(\omega_E\cdot t + \varphi) &= R_E\cdot\tan \sigma\cdot\cos\alpha \end{aligned}\tag{1}\]
Dabei ist $\alpha$ der Neigungswinkel der Bahnebene des Satelliten gegen die Äquatorebene. Mithilfe von
$$\dot{\sigma} = \omega_S \quad\Rightarrow\quad \sigma = \omega_S\cdot t$$
erhält man daraus
\[\begin{aligned} \psi(t) &= \arcsin \big[\sin\alpha\cdot \sin(\omega_S\cdot t)\big] \\[2ex] \varphi(t) &= \arctan \big[\cos\alpha\cdot \tan (\omega_S\cdot t)\big] - \omega_E\cdot t \end{aligned}\tag{2}\]
Für kleine Neigungswinkel $\alpha$ gelten damit die Näherungen
\[\begin{aligned} \psi(t) &\approx \alpha\cdot \sin(\omega_S\cdot t) \\[2ex] \varphi(t) &\approx (\omega_S - \omega_E)\cdot t \end{aligned}\tag{3}\]
Daraus erhält man die Beziehung
$$\psi \approx \alpha\cdot \sin\left[\frac{\varphi}{1 - \frac{\omega_E}{\omega_S}}\right]\tag{4}$$
Ein geostationärer Satellit – d.h. ein Satellit, der immer über demselben Punkt des Erdäquators verweilt – ist also nur für $\alpha = 0$ und $\omega_S = \omega_E$ möglich.
Projizierte Bahnen in Abhängigkeit der Parameter $\alpha, \omega_S, \omega_E$
- Die maximalen Werte für $\psi$ (Nord-Süd) liegen bei $\vert \psi_{\text{max}}\vert = \alpha$ und werden bei ungeraden Vielfachen von $\frac{\pi}{2}$ erreicht: $\frac{\pi}{2}, \frac{3\pi}{2}, \frac{5\pi}{2}\dots$.
- Dazu ergeben sich die Nulldurchgänge $\psi = 0$ bei $\omega_S\cdot t = \pi,\; 2\pi,\; 3\pi\dots$.
- Schließlich liegen die Werte von $\varphi$ an den Nullstellen bei:
\[\begin{aligned} \varphi &= 0 \\ \varphi &= \pi\cdot \left(1-\frac{\omega_E}{\omega_S}\right) \\ \varphi &= 2\pi\cdot \left(1-\frac{\omega_E}{\omega_S}\right) \\ &\vdots\quad\vdots \end{aligned}\tag{5}\]
Abb. 3: Bahnkurven des projizierten Punktes P
- [1] Wenn die Winkelgeschwindigkeit des Satelliten $\omega_S$ viel größer ist als jene der Erde, schreiten die Nullstellen der projizierten Kurve nach Osten hin fort. Es kann auch eine kleine Rückwärtsbewegungen geben.
- [2] Wenn die Winkelgeschwindigkeit des Satelliten $\omega_S$ nur etwas größer ist als jene der Erde, schreiten die Nullstellen immer langsamer nach Osten hin fort, die Rückwärtsbewegungen werden größer.
- [3] Bei einem Synchronsatelliten ist $\omega_S = \omega_E$, er dreht sich synchron mit der Erde. Wenn der Winkel $\alpha \ne 0$ ist, gibt es eine Nord-Süd-Bewegung, die projizierte Kurve sieht aus wie eine „8“. Es gibt hier nur eine Nullstelle und kein Voranschreiten.
- [4] Wenn $\omega_S < \omega_E$ ist, bewegen sich die Nullstellen der projizierten Kurve nur mehr nach Westen, also rückläufig.
Der Fall [4] gilt ganz allgemein für Satelliten, deren Bahradius $r$ größer ist als jener eines geostationären Satelliten.
$$r \gt \sqrt[3]{\frac{g\cdot R_E^2}{\omega_E^2} }\tag{5}$$
mit $g = 9.80665\frac{m}{s^2}$, der Erdbeschleunigung am Boden.
Setzt man die Standardwerte in die Gleichung (5) ein, nämlich
\[\begin{aligned} g &= 9.80665\;\frac{m}{s^2} \\ R_E &= 6378.14\;km = 6378140\;m \\ \omega_E &= \frac{2\pi}{T} = \frac{2\pi}{86400\;s} = 7.2722\cdot 10^{-5}\frac{1}{s} \end{aligned}\]
erhält man für den Radius eines geostationären Satelliten $r = 42253126\;m = 42253.1\;km$ vom Erdmittelpunkt bzw. $r = 42253.1\;km - 6378.14\;km = 35875\;km$ Höhe über der Erdoberfläche.