Hier eine kleine Abwechslung für Schlechtwettertage.
Zu finden in: J. Meeus, Mathematical Astronomy Morsels III, Kapitel 53
An einem bestimmten Tag im Jahr an einem bestimmten Beobachtungsort auf der Erde geht ein Wanderer bei Sonnenaufgang los, und sein Weg gehe immer "der Sonne entgegen", d.h. in Richtung des Azimuts der Sonne, wobei Azimut = 0° Süden sei, und er wandert bis zum Sonnenuntergang. Wir beschränken uns zunächst auf geografische Breiten, an denen Sonnenauf- und Untergänge stattfinden.
Gegeben sind:
Fragestellungen:
Um keine Differentialgleichungen lösen zu müssen, dürfen folgende Vereinfachungen getroffen werden:
An die Genauigkeit der Sonnenkoordinaten (hier die Deklination) wird kein hoher Anspruch gestellt, es können z.B. die einfachen Formeln aus der Wikipedia verwendet werden: Sonnenstand#Ekliptikalkoordinate_der_Sonne
Das hier verwendete Script zur Berechnung der Sonnendeklination stammt aus Astronomie mit dem Personal Computer von O. Montenbruck/T. Pfleger. (4. Auflage 2004)
Für den Startwert des Stundenwinkels \( H \) der Sonne kann die bekannte Formel \[\large \cos H_0 = - \tan ({\delta _ \odot }) \cdot \tan (\beta_0 )\] verwendet werden. Bei Sonnenaufgang liegt der Stundenwinkel zwischen \( 0° \) und \( -180° \), und bei Sonnenuntergang zwischen \( 0° \) und \( +180° \). Als Beispiel liegt der Stundenwinkel \( H_0 \) am 22.5.2021 auf Breitengrad 50°N bei
\[ \cos(H_0) = -\tan(20.488)\cdot \tan(50) = -0.4452939... \]
\[ H_0 = \arccos (-0.4452939) = 116.44^{\circ}\]
Der Wert läuft in diesem Fall daher von \( -116.44^{\circ} \) bis \( +116.44^{\circ} \). Als Einstellung für die Schrittweite wurden 20 Sekunden gewählt.
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Wie man sieht gibt es keine Einstellung für die geografische Länge \( \lambda_0 \). Das ist auch nicht notwendig, denn der Pfad des Wanderers hängt laut unseren Vorgaben nicht von der Länge ab. Der Wanderer geht – unabhängig an welchem Längengrad – bei Sonnenaufgang los, also entsprechend der obigen Formel für \( H_0 \) bei einem bestimmten Stundenwinkel der Sonne. Dieser Stundenwinkel (und damit der Azimut) hängt nicht von \( \lambda_0 \) ab und wird mit einer festgelegten Schrittweite solange "abgelaufen", bis der Stundenwinkel des Sonnenuntergangs erreicht ist. Da hier der Stundenwinkel vorgegeben ist, muss auch die Sternzeit \( \theta \) bzw. die Rektaszension \( \alpha \) der Sonne nicht berechnet werden. Für diese Anwendung wurde \( \lambda_0 = 10^\circ \) Ost gewählt.
Es sollte erwähnt werden, dass die berechnete Deklination \( \delta_{\odot} \) der Sonne nicht um die Parallaxe korrigiert wurde, da der schnelle Berechnungsalgorithmus diese Genauigkeit gar nicht hergibt, also die Sonnenparallaxe kleiner ist als die Genauigkeit der Berechnung selbst.
Entgegen zu den obigen Angaben wurde versucht, den Pfad des Wanderers auch in hohen Breiten zu berechnen. Dazu wurde berücksichtigt, dass ab einer bestimmten Breite und Jahreszeit die Sonne zirkumpolar wird, also nicht mehr auf- und untergeht. Die Sonne ist dann den gesamten Tag entweder sichtbar oder unsichtbar. Wenn die Sonne die gesamte Wanderung über sichtbar ist, wird der Pfad in oranger Farbe dargestellt. Ist die Sonne hingegen immer unsichtbar, wird der Pfad schwarz dargestellt, was aber dann einer eher theoretischen Sonnenwanderung gleichkommt, denn der Wanderer kann dann die Sonne an seinem Ort gar nicht sehen. Bei "gemäßigten Verhältnissen" wird der Pfad in blauer Farbe ausgegeben.
Abb.1 zeigt den vom Wanderer beschriebenen Weg \( OAMBC \) von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang für \( \beta_0 \) = 50°N und \( \delta_{\odot} \) = +18°. Diese Deklination ist in etwa am 11.5.2021 gegeben. Da sich die Sonne im Laufe des Tages "nach rechts" bewegt (von Osten über Süden nach Westen), ist es klar, dass sich der Wanderer in der horizontalen Ebene im gleichen Sinne dreht. Dies ist in der Zeichnung im Uhrzeigersinn.
Ausgehend von Startpunkt \( O \) im Moment des Sonnenaufgangs bewegt sich der Wanderer zuerst in Richtung Ostnordost, da in dieser Richtung die Sonne aufgeht. Wenig später, wenn die Sonne genau im Osten steht, erreicht die Person in \( A \) ihre größte Entfernung nördlich der Achse W-E. Punkt \( M \) ganz rechts wird zum Zeitpunkt des wahren Mittags erreicht, wobei sich die Sonne im Süden befindet (Meridiandurchgang), und Punkt \( B \) wird am späten Nachmittag erreicht, wenn die Sonne genau im Westen steht. Von da an bis zum Sonnenuntergang beschreibt der Wanderer den Bogen \( BC \).
Der Endpunkt \( C \), der bei Sonnenuntergang erreicht wird, liegt hier südlich des Startpunkts \( O \). Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die Sonne während des größten Teils des Tages in der südlichen Hälfte des Himmels befindet; Folglich ist die allgemeine Bewegung des Wanderers nach Süden gerichtet.
Es ist interessant, dass die Kurve \( OAMBC \) in Bezug auf eine gerade Linie (\( a \) in der Zeichnung), die genau nach Ost-West gerichtet ist, symmetrisch ist. Dies ergibt sich eindeutig aus der Tatsache, dass die tägliche Bewegung der Sonne in Bezug auf den Ortsmeridian symmetrisch ist. Dies ist auch der Grund, warum der Endpunkt \( C \) genau auf der Linie durch \( O \) liegt. Angenommen, die Geschwindigkeit des Wanderers beträgt 5 km/h. In diesem Fall liegt der Punkt \( M \) (für \( \beta_0 \) = 50°N und \( \delta_{\odot} \) = +18°) ca. 30,1 km östlich des Meridians \( NS \) und der Punkt \( C \) ca. 20,7 km südlich von \( O \).
Die ausgegebenen Werte der obigen Applikation stimmen natürlich nicht exakt, weil durch die schrittweise Summation (Euler-Verfahren) der Fehler akkumuliert und die Werte für die Anzeige gerundet werden. So ist den erreichte Endpunkt nicht zwangsläufig bei \( x = 0 \).